Wie beeinflusst die Halsposition das Gleichgewicht und den Schwerpunkt des Pferdes? Was passiert bei dem Einsatz von Hilfszügeln mit dem Gleichgewicht?
Zeichnung mit freundlicher Genemigung von Tamina Pinent
Fangen wir mit der Frage des Schwerpunktes und des Gleichgewichtes des Pferdes an. Wie hier auf der Zeichnung sehr schön zu erkennen, handelt es sich bei den beiden Pferden jeweils um einen
anderen Schwerpunkt. Das linke Pferd befindet sich in einer deutlichen Vorwärtsbewegung und hat seinen Schwerpunkt nicht in der Mitte des Pferdekörpers, sondern etwas
davor. Das bedeutet, dass die Gewichtsverteilung dieser beiden Pferde unterschiedlich ausgeprägt ist. Das linke hat auf der Vorhand mehr Gewicht als auf der
Hinterhand, beeinflusst durch die schnelle Vorwärtsbewegung, trägt die Hinterhand natürlich deutlich weniger Last, sondern dient bei diesem Tempo als Anschub, bzw.
Motor, um das schnelle Tempo zu erreichen. Das rechte Pferd hingegen hat seinen Schwerpunkt direkt in der Körpermitte, die Gewichtsverteilung ist hier
ausgeglichen, dass heißt die Vorhand wird mit 50% belastet und die Hinterhand trägt ebenfalls 50% des
Körpergewichtes. Die Zeichnung macht es sehr anschaulich, dass je weniger physische Versammlung man vom Pferd erhält (linkes Bild), desto weiter verlagert sich der Schwerpunkt
des Pferdes auf die Vorhand und desto mehr schiebt die Hinterhand. Je höher das gerittene Tempo ist, desto mehr gelangt der Schwerpunkt auf die Vorhand und desto mehr Gewicht ist
ebenfalls auf der Vorhand.(Die man ja weitestgehend entlasten möchte) Je mehr das Pferd sich physisch versammelt und desto mehr Hankenbeugung das Pferd zeigt, desto mehr reduziert sich
das Tempo, bzw. der Vorwärtstritt. Je mehr der Schwerpunkt ausgeglichen ist, desto mehr Kadenz(federn und Leichtigkeit) erhält man vom Pferd. Das Tempo wird immer langsamer, bishin, dass
das Pferd auf der Stelle läuft (z.B. Piaffe), dabei hat es genauso viel Gewicht auf der Hinterhand wie auch auf der Vorhand. Natürlich sei hier angemerkt,dass Versammlung und damit einhergehende
Verlangsamung des Tempos nicht bedeutet, dass man das Pferd einfach vorn mit der Hand parriert und hinten nachtreibt, denn sonst wäre man wieder bei dem von vorn nach hinten reiten, was sich sehr
negativ auswirkt. Nein gemeint ist hier die richtige vom Pferd ausgehende Versammlung, die sich nur durch gutes Training aller Muskeln und Sehnen ergeben kann und natürlich wenn das Pferd mental
und emotional versammelt ist. Jetzt haben wir die Wirkung der verschiedenen Schwerpunkte des Pferdes angeschaut und müssen uns jetzt natürlich auch mit der Halsposition des
Pferdes befassen. Auf den oberen Bildern kann man ja deutlich den Unterschied der Halshaltung der beiden Pferde erkennen. Bei einem eher vorhandlastigen Schwerpunkt trägt das Pferd den
Hals sehr lang, dasselbe geschieht bei Pferden die mit Hilfszügeln geritten und gearbeitet werden, bzw. dadurch im Schlimmsten Fall eine enge oder eingerollte Haltung einnehmen. Bei ausgebundenen
Pferden wird die Vorhandlastigkeit in den meisten Fällen extrem verschlimmert. Bei einem Pferd, welches in seinem Gleichgewicht ist und den Schwerpunkt mittig hat, sieht man eine aufgerichtete
"hohe" Halshaltung. Diese Haltung nimmt das Pferd in der Versammlung aber selber ein, da es ansonsten den Schwerpunkt zu weit vorn hätte, und dann wieder zu viel Gewicht auf der Vorhand wäre.
(Das Pferd fällt sozusagen auseinander)
Hiermit wird klar, dass das Pferd seinen Hals als "Balancierstange" nutzt, um entsprechende Gewichtsverlagerungen durchführen zu können.
Zeichnungen mit freundlicher Genehmigung von Tamina Pinent
Hier sehen wir nochmal die verschiedenen Halspositionen des Pferdes und auch, wie sich die "Balancierstange" in Verwendung mit Ausbindern etc. für Auswirkungen auf das Balancierverhältnis des Pferdes hat. Je weiter der Hals sinkt, desto mehr verlagert sich das Gewicht und der Schwerpunkt des Pferdes nach vorn. Je weiter der Hals sich aufrichtet, desto mehr ist das Pferd in der Lage sich zu verlangsamen und zu versammeln.
Allerdings sei nochmal angemerkt, das eine "künstliche" Aufrichtung des Pferdes in den meisten Fällen zum Verlust der Rückentätigkeit führt und das Pferd, soweit es noch nicht körperlich in der Lage ist, nicht mehr Last auf die Hinterhand aufnimmt, sondern hinten heraustritt und auseinander fällt.
Auch kann man an dem rechten, ausgebundenen Pferd gut erkennen, dass es seinen Hals nicht mehr zum ausbalancieren nutzen kann, sondern sich die Balance über das anspannen der Muskulatur holt. Daraus ergibt sich, dass Ausbinder und andere Hilfszügel nicht den versprochenen Effekt erzielen. Das Pferd kommt durch diese Hilfszügel nicht zu mehr Rückentätigkeit, sondern es verspannt sich in den meisten Fällen viel mehr, da es seinen Hals nicht mehr zum ausbalancieren nutzen kann. Schlussendlich ist bei dieser Verwendung meist der Rücken eher weg, als ohne.
Auch die Pferde die gern einen auf "Hans-guck.in-die-Luft" machen, kann man durch richtiges Longieren oder Reiten zum anheben des Rückens bekommen.
Natürlich ist das ein längerer Weg, aber für das Pferd um einiges schonender. Denn mit den Hilfszügeln ist zwar der Kopf unten, aber das Pferd steht unter Spannung. Als weiteren Nachteil muss man hier leider auch ganz klar sagen, mit den Hilfszügeln ruiniert man jedes Pferd im Maul! Man stumpft sein Pferd immens ab, von den Schmerzen im Maul mal ganz abgesehen.
Hier haben wir nochmal eine tolle Zeichnung von Tamina Pinent
Mit dieser Zeichnung kann man sehr schön erkennen, wie sich das Gleichgewicht, bzw. der Vorwärtsschub entsprechend der Halshaltung bedingt.
Man stelle sich vor, wie bei der tieferen Halshaltung der Ball schneller in Bewegung und ins Rollen kommt, als mit der höheren Halshaltung.
Zusammen mit den oberen Zeichnungen und Texten, kann man sich die Verlagerung der Schwerpunkte bei der jeweiligen Halshaltung gut vorstellen.